Bremen und seine Brücken – Herausforderungen und Perspektiven für eine zukunftsfähige Verkehrsinfrastruktur

Bremen und seine Brücken – Herausforderungen und Perspektiven für eine zukunftsfähige Verkehrsinfrastruktur 1

Bremens Brückenproblem

Die Brücken über die Weser, die einst reibungslose Verbindungen schufen, sind heute Schwachstellen der Infrastruktur. Nur zwei der Bremer Weserbrücken werden von Straßenbahnen befahren – ein Umstand, der das Straßenbahnnetz der Stadt seit jeher zu einem Nadelöhr macht. Deshalb haben Einfach Einsteigen und der BUND in ihrem Straßenbahnkonzept 2021 vorgeschlagen, parallel zur Erdbeerbrücke sowie in der Überseestadt – parallel zur geplanten Fahrradbrücke nach Woltmershausen – zusätzliche Straßenbahnquerungen zu errichten.

Seit der Sperrung der Bürgermeister-Smidt-Brücke Anfang November 2024 wird nur noch über die Wilhelm-Kaisen-Brücke eine Straßenbahnverbindung über die Weser geführt – die derzeit einzige Verbindung zwischen den beiden Straßenbahnteilnetzen Bremens. Während andere Verkehrsteilnehmer – seit Ende April 2025 auch Busse – die Bürgermeister-Smidt-Brücke wieder nutzen können, muss die Straßenbahnlinie 1 weiterhin den Umweg über die Wilhelm-Kaisen-Brücke fahren. Täglich sind viele Fahrgäste von verlängerten Fahrzeiten und zusätzlichen Umstiegen betroffen, was zu überfüllten Bussen und mehr Autoverkehr führt.

Im November vergangenen Jahres wurde die Brücke kurzfristig für den gesamten Verkehr gesperrt, als deutlich wurde, dass sie einsturzgefährdet war. Eine Folge der über Jahre deutlich höheren Verkehrsbelastung, sodass die Brücke schon vor Ablauf ihrer kalkulierten Lebensdauer absehbar durch einen Neubau ersetzt werden muss. Diese Mängel wurden, trotz regelmäßiger Prüfungen in den vergangenen Jahren, eher unerwartet festgestellt. Auch wenn nicht unmittelbar, muss auch die Wilhelm-Kaisen-Brücke zunächst saniert und danach durch einen Neubau ersetzt werden.

Das Brückenproblem Bremens steht exemplarisch für die Herausforderungen einer alternden Infrastruktur – ein bundesweites Problem, mit Folgen für zehntausende Fahrgäste täglich. Bremen ist damit nicht allein – man denke etwa an die im September 2024 eingestürzte Dresdener Carolabrücke. So etwas ist Bremen glücklicherweise erspart geblieben ist. Die jahrzehntelange Vernachlässigung der Verkehrsinfrastruktur ist eine schwere Bürde, die auch der zügigen Umsetzung der Verkehrswende im Weg steht.

Die zwei zentralen Weserbrücken

Bürgermeister-Smidt-Brücke
- Eröffnung: 1962
- Verbindet die Bremer Innenstadt mit der Neustadt
- Straßenbahn-, Auto-, Rad- und Fußverkehr
- Seit November 2024 für Straßenbahnen gesperrt

Wilhelm-Kaisen-Brücke
- Eröffnung: 1961
- Ebenfalls multimodal: Straßenbahn-, Auto-, Rad- und Fußverkehr
- Derzeit einzige Verbindung des Straßenbahnnetzes über die Weser
- Sanierungsbedarf bekannt, Sanierungen absehbar

Belastungstest im August – Wegweiser für die Zukunft der Weserbrücken

Am 31. August 2025 führt das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) gemeinsam mit der Hochschule Bremen einen groß angelegten Belastungstest durch. Dabei fahren mehrere Straßenbahnen in unterschiedlichen Szenarien gleichzeitig über die sanierte Bürgermeister-Smidt-Brücke, während die Hochschule die wissenschaftliche Auswertung übernimmt. Auf belastbare Ergebnisse und die daraus folgenden Entscheidungen müssen die Bremer Fahrgäste bis Oktober warten.

Der Test entscheidet nicht über die grundsätzliche Zukunft der Brücke – der vollständige Neubau in den 2030er Jahren ist bereits beschlossen. Er soll vielmehr zeigen, ob durch gezielte Instandhaltungsmaßnahmen bis dahin weiterhin Straßenbahnen über die Bürgermeister-Smidt-Brücke fahren können. Bei den Verantwortlichen herrscht vorsichtiger Optimismus, dass dies gelingt. Es gibt jedoch keinen Plan B: Sollte sich herausstellen, dass dies nicht möglich ist, bliebe der Nahverkehr auf dem aktuell eingeschränkten Niveau, und der entsprechende Teil der Angebotsoffensive der BSAG, der auf den Ausbau des Angebots zielt, könnte nicht wie geplant umgesetzt werden.

Besonders kritisch: Auch die Wilhelm-Kaisen-Brücke steht vor einer Sanierung und einem späteren Neubau. Müssen beide Brücken gleichzeitig gesperrt werden, wäre der Straßenbahnverkehr über die Weser vollständig unterbrochen.

Brückenmangel bremst Bremens Radverkehr aus

Die geplanten Fahrradbrücken gehörten zu den Schlüsselprojekten im Verkehrsentwicklungsplan 2025 (VEP) und waren Teil der Radpremiumrouten, um den Anteil des Radverkehrs in Bremen weiter zu erhöhen. Sie sind ein wichtiges Projekt, um durch Umstiege auf einen attraktiven Radverkehr den Anteil des Umweltverbundes zu steigern und die Belastung von Straßen und Infrastruktur zu verringern. Ursprünglich sollten die Brücken bis 2027 fertiggestellt werden. Die Planung und damit auch der Bau wurden aufgrund von Personalmangel mehrfach verschoben. Nun wurde das Personal, das für deren Planung zuständig war, abgezogen und arbeitet an den Planungen zur Bürgermeister-Smidt- und Wilhelm-Kaisen-Brücke. Dadurch verschiebt sich die Realisierung der Fahrradbrücken auf einen unbestimmten Zeitpunkt.

Wer trägt Verantwortung?

Wer trägt die Verantwortung für die aktuelle Situation? Dem gegenwärtigen Senat und seinem unmittelbaren Vorgänger kann man in Bezug auf den Zustand der Brücken nur begrenzt Vorwürfe machen. Derzeit arbeiten das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) und das Verkehrsressort daran, die Bürgermeister-Smidt-Brücke wieder für den Straßenbahnverkehr nutzbar zu machen. Die wesentlichen Versäumnisse in der Infrastrukturpolitik liegen weiter zurück und sind kein ausschließlich Bremer Problem. Wo der Senat und insbesondere die Parteien, die seit Jahren oder gar Jahrzehnten in Regierungsverantwortung stehen, jedoch in der Pflicht gewesen wären: Die Herausforderungen der Verkehrswende sind seit Langem bekannt. Hätte man früher gehandelt, politische Blockaden vermieden und lösungsorientiert gearbeitet – wie es der kaum umgesetzte Verkehrsentwicklungsplan 2025 (VEP) vorsah – stünde Bremen heute womöglich besser da, und die Brücken hätten vielleicht noch einige Jahre länger ihren Dienst tun können.

Was jetzt passieren muss

Bremen braucht eine klare, zukunftsorientierte Verkehrspolitik – mit resilienter, barrierefreier und klimafreundlicher Infrastruktur. Das Anfang 2025 vom Bundestag beschlossene Sondervermögen für kommunale Infrastruktur bietet dafür die finanziellen Spielräume. Auch, die Umsetzung des Einfach Einsteigen Finanzierungskonzepts für einen umlagefinanzierten Nahverkehr, könnte dazu beitragen, Angebot und Netz zügiger auszubauen und zu modernisieren.  Jetzt wäre der Zeitpunkt, diesen Kurs entschlossen einzuschlagen und gemeinsam voranzutreiben. Momentan hat man allerdings nicht den Eindruck, dass der Senat dazu bereit ist.